Reise in den Süden I Teil 2

Fünf Tage Zelttrek und der Abschied


Montag


An diesem Morgen packten Papa und ich all unsere Dinge zusammen und trafen uns wenig später mit Helene und Hanneli und Lisa aus Villa La Angostura vor dem Supermarkt. Wir machten die letzten Besorgungen. Für die nächsten fünf Tage würden wir allerhand zum Essen brauchen und das sollte gut berechnet sein. Das Wetter war traumhaft und wenig später machten wir uns mit schwerem Gepäck an den Aufstieg zur Laguna Torre. Der Rucksack wog ordentlich, aber der Weg war glücklicherweise nicht allzu steil, sondern eher sehr weitläufig. Am Mittag kamen wir am Campingplatz an und bauten unser Zelt auf. Den Campingplatz darf man sich jedoch keineswegs wie einen Campingplatz in der Toskana vorstellen. Es war ein Platz im Wald, wo man zwischen den Bäumen sein Zelt aufbauen konnte. Das einzige, was es zusätzlich gab, war ein Plumpsklo (nur ein Loch im Boden...) mit kaputter Tür. Es gibt wirklich angenehmere Toiletten, aber für eine Nacht musste das reichen :)

Hanneli und Lisa bauten ihr Supermarkt-Zelt für umgerechnet etwa 30€ auf und Papa, Helene und ich ein sehr gutes und sturmfestes Zelt.

Anschließend beschlossen wir noch zu einem Aussichtspunkt zu laufen. Auf einmal krachte es gewaltig in der Wand unterhalb des Cerro Torres. Mit den Augen suchte ich nach dem Geräusch und sah eine große Lawine den Abhang hinunterstürzen. Was ein Schauspiel! Zum Glück waren wir in sicherer Entfernung. 

An einem Bach füllten wir unsere Wasserflaschen auf und beobachteten vom Aussichtspunkt die vielen Eisschollen auf dem See, die vom Gletscher stammten. Manche Eisstücke waren teilweise riesig und türmten sich aufeinander auf.

Zurück beim Zelt ging es ans Kochen. Das klappte super und schmeckte auch echt gut :) wir machten eine kurze Bekanntschaft mit zwei Deutschen (wir würden sie später wieder treffen), die neben uns zelteten und gingen als es dunkel wurde ins Zelt.

Das Zelt von Papa, Helene und mir war eigentlich nur für zwei Personen gedacht, doch zu dritt klappte es auch. Es war nicht mehr wirklich viel Platz übrig, aber es war dafür sehr kuschelig warm, sodass wir auch die nächsten Nächte nicht ein einziges Mal frieren würden. 


Dienstag


Am Morgen bauten wir unsere Zelte nach dem Frühstück ab und machten uns zu fünft auf den Weg zum Zeltplatz Poincenot unterhalb der Laguna de los Tres. 

Das Wetter war an diesem Tag etwas anders. Eine riesige Föhnwolke türmte sich weit über dem Cerro Torre auf. Dazu kam zum ersten Mal Wind. Teilweise so stark, dass wir uns umdrehen mussten, damit der Staub uns nicht in die Augen flog!

Wir kamen an den Lagunen Madre und Hija (Mutter und Tochter) vorbei und erreichten das erste von zwei Zielen heute. Lisa und Hanneli würden die Nacht hier verbringen und dann am nächsten Tag zurück nach El Chaltén absteigen. Helene, Papa und ich wollten noch heute zum Lago Eléctrico laufen, der noch einmal doppelt so weit entfernt war. Auf der Karte hatten wir einen Weg gesehen, der den Zeltplatz Poincenot und den Lago Eléctrico direkt verbindet, doch wir wussten, dass er vom Schwierigkeitsgrad her deutlich anspruchsvoller war. Wir verabschiedeten die zwei Mädels und machten uns auf die Suche nach dem Weg. Entgegen kamen uns lauter Leute, die von der Laguna de los Tres hinunter geschickt worden waren, da der Wind zu heftig war. 

Wir fanden den Weg nicht...

Also beschlossen wir unseren Plan zu ändern und auf einem anderen Weg ins Tal zu laufen und dort zu zelten. Erst fand ich die Idee nicht so toll... der Gedanke daran am nächsten Tag alles wieder hochzulaufen, war nicht so schön, doch ich sah ein, dass auch das Wetter nicht besser wurde und es wahrscheinlich das beste war.

Lisa und Hanneli begleiteten uns noch ein ganzes Stück nach unten, da sie ja nicht zur Laguna de los Tres hoch konnten.

Im Wald fand ich den Wind ziemlich unheimlich, weil die Bäume alle sehr morsch waren und ab und zu knackte es auch bedrohlich. Trotzdem wurde viel gesungen, was echt cool war. Dann verabschiedeten wir uns noch einmal und gingen dann ganz nach unten. Es fing an zu regnen. Mit dem Wind war es kein Spaß. Unten gab es ein Hotel das geschlossen hatte. Wir beschlossen ein Stück Schotterstraße zu laufen - bis zum nächsten Zeltplatz. Das letzte Stück war fast schon eine Qual. Es stürmte dermaßen und regnete. Die Füße und Knie taten von der langen Strecke weh und die vielen Steine machten es auch nicht besser. 5km Straße gingen wir, bis wir endlich den Campingplatz Bonanza mit Dusche erreichten!

Wir waren echt froh, dass wir das längste Stück nun geschafft hatten!

Wir bauten das Zelt im Regen auf.

Beim Kochen machten wir die Bekanntschaft mit dem deutschen Paar Ute und Michael. Das Gespräch mit denen war sehr herzlich und nett.

Helene und ich nahmen nacheinander eine Dusche. 

In der Nacht prasselte der Regen auf unser Zelt...


Mittwoch


Michael und Ute boten uns am nächsten morgen an, uns bis zum Wegeinstieg zum Lago Eléctrico zu fahren, damit wir nicht noch einmal die Straße laufen mussten. Wir nahmen das Angebot an. 

Ins Windeseile bauten wir unser Zelt wieder ab und packten unsere Rucksäcke wieder zusammen.

Wenig später verabschiedeten wir uns von den beiden und machten uns auf den Weg. Wir kamen aber erstmal nicht weit... Die Bäche und Flüsse hatten mehr Wasser als sonst, sodass unser Weg von einem reißenden, großen Bach abgeschnitten wurde. Wir gingen etwas durch das Gebüsch, doch es gab wohl keinen anderen Ausweg, als durch den Bach durchzuwaten. Gesagt, getan. An einer etwas schmaleren Stelle, zogen wir uns Bergschuhe, Socken und Hose aus und banden alles an die Rucksäcke. Ich ging vor. Es war saukalt, aber nur knietief. Nacheinander kamen wir alle auf der anderen Uferseite an und zogen uns wieder unsere Sachen an. Nach ungefähr 10 Minuten versperrte uns abermals der gleiche Bach den Weg. Also nochmal alles von vorn! Diesmal ließen wir die Hosen aber an, weil das Wasser hier flacher und breiter war. 

Der Weg führte nun durch einen echten Märchenwald. Es sah regelrecht verwunschen aus. 

Nach ein paar Pausen kamen wir mittags bei der Hütte an und bauten unser Zelt auf. 

Etwas später kamen die beiden Deutschen vom ersten Zeltplatz dazu. Thomas und Steffen hießen sie. Sie erzählten, dass sie die Nacht zuvor mit Hanneli und Lisa auf dem Zeltplatz unter der Laguna de los Tres gezeltet hatten. Hanneli und Lisa waren in der Nacht in ihrem Billigzelt ziemlich abgesoffen. Die Armen!


Später gingen wir mit Thomas und Steffen zum Lago Eléctrico. Es war recht windig dort und super schön! Man schaute auf einen Gletscher und links konnte man wieder den Fitz Roy sehen. Der Plan war bis zum Gletscher zu gehen. Dafür mussten wir allerdings durch einen reißenden Fluss irgendwie kommen. Wir nahmen die Herausforderung an und gingen hinunter, da wir hier vermuteten am leichtesten hinüber zu gelangen. Als wir vor dem Fluss standen, sah es ziemlich unmöglich aus, dort ohne nasse Füße hinüber zu kommen. Helene und ich waren uns noch unsicherer ob wir es schaffen würden. Wir gingen etwas am Fluss aufwärts und wagten es dann an einer Stelle. Der Fluss war hier in zwei Flüsse gegliedert. Ich war die erste, die nasse Füße bekam... mir war es in dem Moment lieber ins Wasser zu treten, als mein Handy ertrinken zu sehen... Steffen (nicht mein Vater, sondern der andere) probierte es noch weiter und rutschte ebenfalls in den Fluss. Thomas wollte unten noch probieren Barfuß durch den Fluss zu laufen, doch er sah schnell ein, dass die Strömung zu heftig und das Wasser zu kalt war.

An dieser Stelle beschlossen wir es nicht weiter zu versuchen und änderten den Plan. 

Wir gingen nun hoch zur Laguna Pollone, aus der der unüberwindbare Fluss entsprang. 

Oben angekommen war es wunderschön dort! Die Laguna lag im Schatten und der Fitz Roy wurde von der Sonne angestrahlt. Kleine Rinnsale malten scheinbar Muster auf den Felsen. 

Der Abstieg war mühselig, weil meine Füße dermaßen wehtaten. Sie waren vom Wasser im Schuh komplett aufgeweicht und es fühlte sich an, als hätte ich keine Hornhaut mehr. Irgendwie schafften wir es aber. 

Den Rest des Tages lief ich nur noch Barfuß.

Abends spielten wir mit Thomas und Steffen das Kartenspiel Bullshit. Das machte echt Spaß :) 


Donnerstag


Der Regen weckte uns am Morgen. Kurzerhand beschlossen wir noch eine Nacht länger zu bleiben. Helene und ich ruhten uns an diesem Tag etwas aus. Papa und Thomas und Steffen machten noch eine Tour in Richtung eines Passes, den sie aber nicht ganz erreichten, weil das Wetter zu schlecht war. 

Helene und ich probierten unser Können auf der Slagline aus. Das machte total Spaß! Außerdem unterhielten wir uns die ganze Zeit, was sehr gut tat. 

Abends spielten wir nochmal Bullshit. Diesmal spielte die junge Hüttenwirtin und ein weiterer Gast mit. Das Spiel war in diesem Fall auf Englisch, was auch mal wieder eine ganz gute Abwechslung bei all dem Spanisch ist :)


Freitag


Vormittags bauten wir unser Zelt bei Sonnenschein ab und stiegen zurück ins Tal hinunter. Unten mussten wir abermals die Bäche Barfuß durchqueren. 

Ein kleiner Bus nahm uns nach El Chaltén mit. Abends gingen wir dann zu dritt essen und ließen so eine tolle Tour ausklingen!



Abschied 


Samstag


Heute hatte ich es geschafft! Jetzt war Halbzeit. Ich war jetzt genau ein halbes Jahr in Argentinien! Unfassbar! Was ich alles erlebt habe... und das war erst der erste Teil.  Mal sehen was das zweite halbe Jahr mit sich bringen wird...


Am Morgen packten Papa und ich unsere Sachen, trafen uns dann mit Helene und gingen ein letztes Mal zum Wasserfall. Dieser war heute noch stärker als die letzten Male. Es hatte die letzten Tage ja auch immer wieder geregnet.

Abends gingen wir zu dritt essen. Danach trafen wir noch einmal zufällig Thomas und Steffen und verabschiedeten uns von ihnen.


Helene begleitete Papa und mich noch zum Busterminal, denn sie würde noch nach El Calafate fahren und sich den Gletscher Perito Moreno ansehen. 

Wir verabschiedeten uns voneinander und dann stiegen Papa und ich in den Bus nach El Bolsón.

24 Stunden Fahrt lagen vor uns...


Sonntag


Den Tag verbrachten wir hauptsächlich im Bus mit essen und schlafen und Musik hören.

Mit etwas Verspätung kamen wir in El Bolsón an und fuhren zu Claudia. Im Dunkeln bauten wir ein letztes Mal unser Zelt auf. Zu zweit hatte man doch deutlich mehr Platz, allerdings war es auch gleich viel kälter...


Montag


Nachdem wir ausgeschlafen hatten, fuhren wir nach El Bolsón rein und aßen zu Mittag im Jauja. Anschließend ging es an den Lago Puelo. Dort gingen wir zum Rio Azul Delta und bestaunten die Kulisse, die sich vor unseren Augen aufbaute. 

Auf dem Rückweg zeigte ich Papa die Schule. Er sagte mir, dass er es toll findet, dass er nun alles in echt betrachten kann und nicht nur auf Bildern.

Am Abend packten wir unsere Wanderrucksäcke, denn wir hatten noch eine letzte Tour geplant. Es sollte auf den Cerro Lindo, den Hausberg von El Bolsón gehen.


Dienstag


Mit Claudia fuhren wir schon früh nach El Bolsón und weiter mit dem Taxi bis zum Campingplatz Rio Azul. Von dort aus ging es über eine schöne und leicht wackelige Brücken über den Rio Azul. Steil ging es danach etwa vier Stunden nur bergauf. Es war wahnsinnig staubig und anstrengend! Teilweise fluchten wir etwas über den Weg, doch schließlich hatten wir es geschafft. Wir standen vor dem Refugio Cerro Lindo. Wir bezogen unsere Matratzen. 

Eigentlich wollten wir noch an diesem Tag auf den Gipfel, da das Wetter so gut war, doch die Hüttenwirtin sagte uns, dass wir dafür den Führer brauchten, der nur einmal täglich dort morgens hochgeht. Da der Weg nun mal nicht markiert war, beschlossen wir den Aufstieg zum Gipfel morgen zu machen. Da wir aber noch viel Zeit hatten, wollten wir noch zu einer Lagune. Dazwischen lag jedoch eine recht steile Felswand. Papa versuchte den Weg dort zu finden. Ich fühlte mich nicht so wirklich sicher beim hochklettern. Als es dann zu steil war, beschlossen wir lieber umzukehren. Wir faulenzten dann in der Sonne :)

Am Lagerfeuer Abends machten wir die Bekanntschaft mit den beiden Deutschen Anna und Julia. Sie waren beide aus Heidelberg und studierten, bzw. waren bereits fertig damit. Beide würden morgen mit uns den Gipfel besteigen.


Mittwoch


Beim aufwachen, hörten wir den Wind. Als wir fertig gefrühstückt hatten, waren wir startklar. Erste Regentropfen fielen uns ins Gesicht. Mit dem Führer gingen wir die Felswand vom Vortag hoch. Oben angekommen, sah die Landschaft ganz anders aus. Kein einziger Baum war mehr zu sehen. Es war schroff und als wir weiter gingen wurde der Regen immer schlimmer. Die Hände wurden kalt und die Aussicht, auf den Gipfel zu gehen wurde immer kleiner. Ab und zu fragte unser Führer uns, ob wir noch weiter oder lieber umdrehen wollten, doch wir wollten wenigstens noch die Lagunen sehen. Das machten wir dann auch. 

Zurück gingen wir zum Glück nicht die Felswand, sondern einen kleinen Nebenweg durch den Wald hinunter.

Völlig durchnässt kamen wir gegen Mittag wieder bei der Hütte an. Wir machten noch ein Foto von unserer Gruppe und gingen dann schnell hinein, um unsere Klamotten zu wechseln und um die nassen Sachen über dem Ofen aufzuhängen. Wir setzten uns alle davor und tranken heiße Schokolade. Das war irgendwie toll. So wie man es sich vorstellt. Warm und gemütlich auf einer Berghütte in den Bergen :)


Als am Mittag die Sonne wieder herauskam, machten Papa und ich uns auf den Weg nach unten. Der Abstieg war wahnsinnig rutschig und steil, und dreimal setzte ich mich unfreiwillig auf den Boden. 

Der Abstieg war fast schlimmer als der Aufstieg und ich beschloss für mich, dass ich diese Wanderung nicht noch einmal machen würde. Einmal reichte völlig! 


Am Abend unterhielten wir uns noch mit Claudia und Klaus und gingen dann erschöpft schlafen.


Donnerstag 


Morgens packten wir das Zelt und alle anderen Sachen zusammen und fuhren dann nach Bariloche. Wir checkten im Hostel ein und gingen dann ins Café Rapa Nui. Dort schrieb ich Unmengen an Postkarten, die ich Papa mitgeben würde. Als wir nach draußen gehen wollten, schüttete es wie verrückt. Wir rannten durch die Stadt von Dach zu Dach und aßen dann Abends im Manush. 


Freitag


Mit dem Taxi fuhren wir zusammen zum Flughafen. Wir waren glaube ich beide etwas wehmütig uns noch einmal für so lange Zeit aus den Augen zu lassen. 

Zum Abschied umarmten wir uns und dann ließ ich meinen Vater durch die Sicherheitskontrolle gehen. Irgendwie tat es weh. Doch ich war diejenige, die es so gewollt hatte. Wir lernten beide daraus. Ich vielleicht sogar noch mehr. Doch erstmal hatten wir eine wunderschöne Zeit zusammen gehabt und das war total wertvoll!


Um mich etwas abzulenken, traf ich mich Nachmittags mit Tobias, der in der Waldorfschule in Bariloche arbeitet. Wir backten Zitronenkuchen und Hefezopf und verbrachten eine nette Zeit. 


Abends mietete ich mich noch einmal im Hostel ein.


Samstag


Da ich das Frühstück im Hostel nicht so doll fand, ging ich nochmal ins Rapa Nui und bestellte stattdessen einen Smoothie und zwei Medialunas (Croissants). Anschließend fuhr ich nach El Bolsón zu Claudia und Klaus zurück. 

Montag würde ich wieder anfangen zu arbeiten. Bei Claudia und Klaus sortierte ich all meine Sachen durch und dachte darüber nach, was ich für eine tolle Reise hinter mir hatte. 


~ Puerto Madryn und Puerto Pirámides ~ Buenos Aires ~ Chile ~ Südpatagonien ~


Einen großen Dank an meine Eltern, die mir diese tolle Zeit mit ermöglicht haben und auch an meine Familie, die all das mit unterstützt hat! 


Bis ganz bald,

Eure Alva


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